Effizienzsteigerung durch Digitalisierung von Bestandsdokumenten
Veröffentlichung aus "Business International",
Frühling/Sommer 2001
Jürgen Buhr
Für die 100%ige Tochter der Telekom, die DeTeImmobilien und
Service GmbH, stand eine Grundsatzentscheidung an. Mit welchem Aufwand sollte sie
die alten Bestandsdokumente in ein wirtschaftlicheres digitales Archivierungssystem
übernehmen? Die Lösung bestand in einer Bereitstellung als Pixeldateien, die sich
durch eine Hybridsoftware (VPraster) bearbeiten lassen. So entstand ein recht praktikables,
zeitgemäßes Arbeitsmittel. Die Deutsche Telekom
Immobilien und Service GmbH (DeTeImmobilien) betreibt und bewirtschaftet als 100%ge
Tochter der Deutschen Telekom AG zirka 12.000 Liegenschaften mit rund 34.000 baulichen
Anlagen. Für beinahe alle Gebäude sind Bestandsunterlagen (Lagepläne, Architekturzeichnungen,
Konstruktionspläne usw.) unterschiedlicher Qualität vorhanden.
Grundlage der Geschäftstätigkeit im Unternehmen sind die Bestandsunterlagen die
kurzfristig zur Verfügung stehen müssen. Diese Anforderungen können von den vorhandenen
Archiven nur schwer erfüllt werden. Die Bestandsunterlagen lagen dort in Papierform
vor. In jeder der zwölf Niederlassungen summiert sich dieser Bestand auf bis zu
70.000 Zeichnungen unterschiedlichster Formate. Sie erforderten einen unvertretbar
hohen Aufwand für die Verwaltung, Recherche, Vervielfältigung, Veränderung, Aktualisierung
und Umplanung.
Die Aufgaben in den herkömmlichen Zeichnungsarchiven bestanden überwiegend darin,
die bestellten Planunterlagen herauszusuchen und zur Vervielfältigung (früher: Lichtpausen)
zu geben, die Originale wieder einzusortieren und den Versand der Kopien (Lichtpausen)
an die Besteller durchzuführen. Das war eine Aufgabe, die erhebliche Flächen- und
Personalressourcen band und heutzutage unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht
mehr vertretbar ist.
Projektauftrag und Realisierung
DeTeImmobilien beauftragte deshalb zu Beginn des Jahres 1996 eine
Projektgruppe, die sich mit dem Problem einer zeitgemäßen Bestandsaufnahme und Dokumentation
(BeDok) beschäftigte. Ziel war es, eine möglichst komfortable anwenderbezogene Lösung
zu erarbeiten.
Man sichtete zunächst die Planunterlagen, sortierte Doppelbestände aus und erfasste
die Pläne einzeln in einer Datenbank. Anschließend wurden die Zeichnungen an einen
Dienstleister abgegeben, der daraus Mikrofilme erstellte und davon Scans produzierte.
Die daraus gewonnenen Pixeldateien brannte man auf CD‑ROM und übergab sie
an den Auftraggeber DeTeImmobilien.
Die Dateien der CD‑ROM spielte man dort auf die Server der Niederlassungen.
Damit können die digital abgespeicherten Zeichnungen allen berechtigten Anwendern,
beispielsweise über ein internes Netz am Arbeitsplatz, zur Verfügung gestellt werden.
Darüber hinaus sind die Dokumente im Langzeitarchiv auf Mikrofilmdatenkarten abgelegt,
auf sie kann notfalls zurückgegriffen werden.
Jeder Anwender mit einem Anschluss an das System PRINS*) und einer Zugangsberechtigung
zu BeDok kann in Zukunft folgende Möglichkeiten, nutzen:
- Zugriff auf das gesamte Planarchiv über die PRINS-Datenbank
vom Arbeitsplatz aus
- Gezielte Suche nach Zeichnungen/Plandokumenten über Merkmale
wie IMDAS‑NR**), Ort, Straße, Dokumentenkategorie, Art des Planes usw.
- Darstellung des Dokumenteninhalts am Bildschirm
- Ausdruck am Arbeitsplatzdrucker (z.B. Planausschnitte)
- Ansteuerung von Plottern zum Ausdruck großformatiger Pläne
- Eintragung von Markierungen und Notizen am Bildschirm
- Möblierungsplanung usw. am Bildschirm
- Planänderungen
- Umbau- u. Erweiterungsplanungen kleineren Umfangs am Bildschirm
mittels zusätzlichem Hybrid-Tool (Zeichenprogramm zur Bearbeitung von Pixel-Plänen)
Die Durchführung erfolgt durch besonders angewiesenes Personal,
welches zur Originaländerung berechtigt ist. Durch die DV‑gestützte Archivierung
ist zudem gewährleistet, dass immer die aktuellste Fassung der Dokumente bereitgestellt
wird.
Die Übernahme der bei den Niederlassungen vorhandenen derzeitigen Papierpläne und
die Übernahme der Pläne von Typen- und Normengebäuden sowie die Bereitstellung der
in CAD erstellten Pläne (im 2D-Format) in das Archivierungs-System "BeDok", zusammen
rund 600.000 Stück, sollte in der Hauptsache bis Ende 1999 abgeschlossen sein.
Neue Anforderungen am künftigen papierlosen Arbeitsplatz
Als Folge der Digitalisierung von Bestandsdokumenten änderte sich
auch das Anforderungsprofil der bestehenden Arbeitsplätze. Die neuen Anforderungen
und Organisationsstrukturen generierten im Bereich Archiv neue, höherwertige Aufgaben:
Administration des digitalen Archivs, d.h. Sperren überholter Dokumente, Einstellen
neuer oder geänderter Dokumente in das System, Pflege der Mikrofilm/Sicherheitsarchive
Neben der administrativen Betreuung des digitalen Archivs Erstellung
zukünftiger Planberichtigungen/Planänderungen nach Handskizzen, z.B. des Vertriebes
oder der Servicekräfte
Örtliche Überprüfung der Bestandsunterlagen auf Übereinstimmung mit der Realität,
ggf. Berichtigung und Ergänzung der Dokumente/Zeichnungen.
Hybridsoftware zur Bearbeitung von Pixel‑Plänen
Nachdem alle Bestandsunterlagen in einem neuen digitalen Archiv
als Rasterdatei (tif.) abgelegt sind, kommt es darauf an, Änderungen oder Ergänzungen
dieser Pläne auf möglichst einfache Weise vorzunehmen. Hierzu dient eine so genannte
Hybrid-Software. Die Software ist in der Lage, diese Dateien sowohl im Rastermodus
(TIFF), als auch als Vektorelemente einzufügen.
DeTeImmobilien hat sich für das Software-Tool "VPraster" der Firma Softelec GmbH,
München, entschieden. Es basiert auf AutoCAD von Autodesk und wird auf Windows
betrieben. Dieses Zeichentool ermöglicht ein recht komfortables und wirtschaftliches
Handling der TIFF-Dateien. Die Intelligenz der Vektordaten kann über eine separate
Speicherung erhalten bleiben.
Wie üblich, mussten sich die Anwender mit dieser neuen Software zunächst vertraut
machen, bevor die volle Leistungsfähigkeit des Softwareprodukts VPraster erreicht
wurde. Probleme wie zum Beispiel das Entzerren und Zusammenfügen von mehrteilig
gescannten Zeichnungen mussten bewältigt werden.
Dieses maßgenaue Zusammenfügen von gerasterten Zeichnungen ließ sich mit Hilfe der
Hybridsoftware VPraster zur Zufriedenheit der Anwender durchführen. Für das maßgenaue
Zusammenfügen und Setzen der Linien in die XY-Koordinaten reichte das Setzen von
wenigen Vektor-Referenzpunkten auf den Pixellinien der Pläne aus. Der Vorteil: Die
vorhandenen Pläne im Rasterformat mussten nicht komplett nachträglich vektorisiert
werden, um Änderungen mittels CAD auf Vektorebene einzutragen. So konnte man sich
erlauben, nur die gerasterten Zeichnungsteile anzufassen , die auch wirklich über
das CAD-System geändert bzw. vektorisiert werden sollten. Vorteil des Hybridsystems:
Die vorhandenen Pläne im Rasterformat mussten nicht komplett nachträglich
vektorisiert werden, um Änderungen komfortabel durchzuführen.
Fazit
Mit der massenhaften und damit wirtschaftlichen Erfassung der Altbestandsdokumente
über das von Dienstleistern durchgeführte Scannen erhielt man TIFF-Dateien, die
wiederum mit Hilfe von Hybridsoftware schnell für Änderungsprozeduren an CAD-Systeme
bereitgestellt werden konnten.
Aufwendige Archivräume gehören somit der Vergangenheit an und auf die riesige Menge
von Bestandsdokumenten lässt sich in Zukunft blitzschnell zugreifen. Die Anwender
können sich auf das Wesentliche ihrer Arbeit konzentrieren. Weitere Schritte hin
zu einem digitalen Archiv sind zukünftig ins Auge gefasst: Es sollen die Baudokumente
erfasst werden, die dauernd aufzuheben sind und/oder unmittelbar mit dem Betreiben
der baulichen Anlagen zusammenhängen, z.B. Genehmigungen/Abnahmen, Grundbuchauszüge
oder Bestandsverzeichnisse. Kurzum: Das künftige Ressourcenmanagement von DeTeImmobilien
verwaltet über das hauseigene Dokumentationssystem BeDok alle relevanten Baudokumente,
ohne dass dabei noch Papier anfiele.
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Juergen Buhr ist bei der softelec GmbH, München
verantwortlich für den Vertrieb und Marketing in Europa. Softelec ist einer der
weltweit führenden Softwarehersteller auf dem Gebiet der Bild- und Zeichnungsverarbeitungslösungen
für CAD/CAM/GIS. Softelecs VPHybridCAD Produktfamilie deckt alle Gebiete der Rasterverarbeitung,
Raster-Vektor-Konvertierung und hybriden Verarbeitung zur digitalen Integration
gescannter technischer Zeichnungen und Karten ab.
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